Das Bemalen von Weichplastikfiguren / Teil 1 – Die Vorbereitung

Die Bemalung von 1/72 Weichplastikfiguren scheint noch immer eines der großen Geheimisse des Figurenhobbys zu sein. Kaum ein anderes Problem wird bei mir so oft angefragt oder in Foren diskutiert. Höchste Zeit, diesem Mysterium einmal genauer nachzugehen.

Zunächst will ich kurz erläutern, welche vermeintlichen Schwierigkeiten es bei der Bemalung von Weichplastikfiguren gibt. Der wichtigste Punkt ist sicher der, dass in der Vergangenheit bei vielen bemalten Figuren die Farbe nicht dauerhaft auf den Figuren hielt, sondern irgendwann bei kleinster Berührung abplatzte. Woran liegt das?

Was ist Weichplastik?

Als Weichplastik werden umgangssprachlich besonders biegsame Kunststoffe bezeichnet. Dies sind vor allem Weich-PVC und Polyolefine, insbesondere Polyethylen (PE). Die meisten Weichplastikfiguren sind aus den Kunststoffen PE und LDPE (LD = low density) hergestellt. Die Verwendbarkeit von Weichplastik wird dadurch eingeschränkt, dass es bei Temperaturen von über 80 °C erweicht und ohne geeignete Vorbehandlung nicht oder nur schlecht zu bedrucken bzw. zu bemalen oder zu kleben ist. Das Bemalen der Weichplastikfiguren wird durch die unpolare hydrophobe Oberfläche verhindert. Damit sind Oberfläche gemeint, die kein oder nur wenig Wasser aufnehmen. Das Wasser bzw. die Farbe perlt also ab. Es wird übrigens nicht von allen Figurenherstellern das gleiche Weichplastik verwendet. Manche alte Figuren können auch aus PVC (Polyvinylchlorid) bestehen. Diesem Kunststoff werden Weichmacher, wie Dioctylphthalat (DOP) beigegeben. Diese Weichmacher „migrieren“ und hinterlassen in Folge davon auf der Oberfläche einen öligen oder fettigen Film, welcher wiederum dafür sorgt, dass Farbe schlecht auf der Oberfläche haftet. Ein weiteres Problem ist auch die Biegsamkeit des Weichplastiks, wodurch die durchgetrocknete Farbe manchmal starken, mechanischen Kräften ausgesetzt ist.

Aus welchem Kunststoff besteht meine Figur? Durch eine Brennprobe kann man den Werkstoff ermitteln (Achtung! Es entstehen dabei natürlich giftige Dämpfe!):

  • PVC brennt mit gelber, stark rußender Flamme und erlischt ohne weitere externe Beflammung schnell.
  • PE brennt mit tropfender, heller Flamme und brennt auch weiter, wenn man die Flamme entfernt.

Um nun zu erreichen, dass die Farbe auf der Weichplastikfigur hält, muss man für die Farbe eine geeignete Oberfläche schaffen. Eine Möglichkeit ist eine sogenannte Plasmabehandlung (Aufrauen) der Oberfläche…aber wer will schon diesen Aufwand betreiben? Eine andere Methode ist das Aufrauen der Oberfläche durch ätzende Mittel, wie Azeton oder Nitroverdünnung. Wieder andere verwenden Ponal als eine Art Haftgrund und bepinseln die komplette Figur damit.

Der für mich einfachste Weg ist die Sprüh-Grundierung mit Acrylfarbe. Die Acrylfarbe bildet nach dem Trocknen eine elastische Haut um die Figur und bietet nun eine bemalfähige und flexible Oberfläche. Wichtig ist hier die Qualität und Stärke der Grundierung. Die Figur sollte flächendeckend und nicht zu dünn von der Grundierung umgeben sein. Ich verwende beispielsweise die Vallejo Spray-Grundierung. Das Abplatzen der Farbe, von der man immer mal wieder hört, sind vor allem auf PVC Figuren mit zu starken Weichmachern und eine minderwertige, nicht elastische Grundierung bzw. Bemalung zurückzuführen. Als ungeeignete Farbe seien hier die alten Email-Farben genannt. Abschließend sollte aber noch einmal darauf hingewiesen werden, dass keine Methode und keine Farbe (die mir gekannt wären) eine vollständige Verbindung mit Weichplastik eingehen. Die von mir beschriebene, elastische Sprühgrundierung bietet jedoch eine ausreichende Haftung, um auch kleinen, mechanischen Kräften zu wiederstehen, wie sie zum Beispiel beim Bewegen der Figur während eines TT-Spiel auftreten.

Vorbereiten zum Bemalen

Nach dieser Einleitung geht es nun an die Arbeit bzw. das Vergnügen der Bemalung. Nachfolgend sind aber zunächst die einzelnen Schritte aufgeführt, die ich vor dem Bemalen der Figur durchführe.

1. Zunächst werden die Figuren aus dem Gussrahmen entfernt. Man sollte die Figuren nicht ohne Werkzeug herausdrehen, da die Figur oder filigrane Ausrüstungsteile dabei abgerissen werden können. Ich verwende einen kleinen Seitenschneider für diese Arbeit. Ein Skalpell funktioniert zwar auch, oft muss man jedoch starken Druck ausüben, wodurch die Klinge brechen kann.

2. Im zweiten Schritt werden die Gussgrate der Figur entfernt. Hierfür eignet sich ein „frisches“  Einwegskalpell (s. Abbildung). Nur ein neues Skalpell ist scharf genug, um die feine Gussgrate sicher zu entfernen. Bei stumpfen Klingen verschlimmert man das Ganze oft nur, die Oberfläche wird „ausgefranzt“, ohne dass tatsächlich Material entfernt wird. Bei diesem Arbeitsschritt schneidet (nicht drücken) man an der Formtrennlinie der Figur entlang und entfernt so den Gussgrat in dünnen Spänen.

3. Sind Teile der Figur durch schlechte Verpackung oder Lagerung verbogen, wirft man die Figur zunächst in kochendes Wasser (z.B. Wasserkocher). Durch das Erhitzen gehen die verbogenen Teile wieder in die ursprüngliche Form zurück. Das Erhitzen ist auch eine gute Möglichkeit, um der Figur etwas Dynamik zu geben. In meinem Bildbeispiel habe ich den Kopf des vorderen Pferdes etwas zur Seite gebogen. Um diese neue Pose zu fixieren wird die Figur mit kaltem Wasser abgeschreckt. Beim Abschrecken muss die Figur in der gewünschten Pose festgehalten werden. Bei einem erneuten erhitzen der Figur wandert der der Kopf des Pferdes dann wieder in die ursprüngliche Position…man spricht hier von dem sogenannten „Form-Gedächtnis“ (shape-memory effect) des Materials.

4. Sollen Reiter zum Bemalen vorbereitet werden, so bohre ich ein Loch in die Unterseite der Figur (s. Abbildung). In dieses Loch kann man nach dem Grundieren einen Zahnstocher stecken, um die Figur beim Bemalen sicher halten zu können.

5. Separate Teile werden nun an die Figur gesteckt und verklebt (zum Kleben von Weichplastik gibt es später noch eine separate Anleitung).

6. Vor dem Grundieren werden die Figuren nun in lauwarmem Wasser und mit einem Spritzer Spülmittel gereinigt. Anschließend sollte man die Miniaturen unter laufendem, kaltem Wasser abspülen. Die Figuren müssen nun gut trocken.

7. Sind keine Wasserrückstände mehr vorhanden, werden die Figuren grundiert. Wie schon erwähnt, verwende ich Acryl-Sprühgrundierung. Die Farbe der Grundierung hängt ganz von der Malmethode ab. Manche verwenden schwarze oder braune Grundierung, andere weiße. Ich nehme seit einiger Zeit eine hellgraue Grundierung. Diese graue Farbe lässt noch gut Details der Figur erkennen und bietet dem folgenden Farbauftrag einen relativ neutralen Untergrund. Beim Aufsprühen der Grundierung sollte man auf einen Abstand von 20 bis 30 Zentimetern und eine Umgebungstemperatur von 20 bis 25 Grad achten. Ist die Temperatur zu niedrig, trocknet die Grundierung nicht schnell genug und verläuft auf der Figur. Ist die Temperatur zu hoch, trocknet die Sprühfarbe schon in der Luft, bevor sie die Figur erreicht. Dadurch bildet sich, in Folge der getrockneten Farbpartikel, welche auf die Figur treffen, eine grobkörnige Oberfläche.

8. Die grundierten Figuren sollte man nun gut trocknen lassen. Ich empfehlen mindestens 8 bis 10 Stunden Trockenzeit. Im letzten Schritt vor der eigentlichen Bemalung, setzte ich die Figuren auf eine Halterung, die es einem ermöglicht, die Figur zu bemalen, ohne diese zu berühren. Man kann die Figur zwar auch an der Base festhalten, oft reibt man dabei aber Farbe oder Grundierung wieder von der Oberfläche. Ich verwende beispielsweise alte Flaschen-Schraubverschlüsse und fixiere die Figuren mit einem kleinen Ponal-Klebepunkt. Die Figuren lassen sich nach der Bemalung wieder leicht vom Schraubverschluss „brechen“.

Nun ist alles bereit für die Bemalung. Dazu mehr in einem zweiten Bericht.

8 Kommentare zu „Das Bemalen von Weichplastikfiguren / Teil 1 – Die Vorbereitung“

  1. Die Vorteile von Weichplastik sind gleichzeitig auch seine Nachteile. Durch die Biegsamkeit des Kunststoffes sind die Werkstücke unzerbrechlich, verbogene Teile kehren in die ursprüngliche Form zurück und Verunreinigungen lassen sich durch die wasserabweisende Oberfläche schnell und rückstandlos entfernen. Für 1/72 Weichplastikfiguren, die ja ursprünglich als Kinderspielzeug konzipiert wurden, alles hervorragende Eigenschaften.

    Auch beim Formenbau gibt es ein paar Vorteile. Durch die Biegsamkeit des Plastiks sind geringfügige Hinterschneidungen möglich, die es bei der Polystyrol-Variante nicht geben kann.

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  2. Schlicht und einfach genial! Endlich machst du es mal vor. Ich mache es im Grunde ganz genau so wie du. Allerdings warte ich meist nicht so lange nach dem Auftragen der Grundierung, dazu bin ich zu ungeduldig. Achja, ein Tipp zur Grundierung ist noch, dass man immer kräftig und ausreichend schütteln sollte. Ich hab den Fehler gemacht eben das nicht zu beachten, und dann ist die Farbe zu flüssig. Ein Freund hat mir dann gezeigt, worans lag (ist auch ein alter Sprayer).

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  3. Hallo Thomas,

    vielen Dank für deinen Kommentar und den guten Hinweis. Oft sind es ja nur kleine Dinge, an denen dann etwas scheitert. Die Spraydose sollte vor Gebrauch wirklich gut geschüttelt werden!

    Viele Grüße
    Frank

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  4. Hallo Frank, habe Deinen Blog jetzt erst entdeckt! Danke für die echt kompetenten Tipps zum Bemalen der Weichplastikfiguren. Das nimmt mir echt so manche Angst. Hast Du wirklich gut gemacht!, Viele Grüße, Uwe

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  5. Hallo, so wie Du es beschrieben hast, mache ich es auch. Armypainter bietet m.M. die besten Grundierungen für Weichplastik. Ein übriges kann man tun, wenn man nach Bemalung der Grundfarben das schattieren mit den Armypainter – Quickshades durchführt. Dieser etwas Harzartige Überzug bildet eine sehr gute und vor allem dauerhafte teilweise elastische Schutzhülle um die Minis. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn man die Minis auch für Tabletopspiele einsetzt.
    Besonders das bekannte Applatzen der Farbe von Gewehren, Funkantennen etc. konnte ich durch die Verwendung von Quickshade drastisch reduzieren. Um die Figuren nach dem Quick-Shading wieder natürlich matt erscheinen zu lassen, nutze ich ebenfalls ein AP Produkt, das sog. Anti-Shine.
    Man muss aber Quickshade schon einige Tage durchtrocknen lassen bevor man Anti-Shine aufsprüht sonst kommt es zu unschönen Oberflächenveränderungen. Diese kann man aber auch gezielt hervorrufen, z.B. auf Panzermodellen, wenn man verwitterten Lack darstellen möchte.
    Viele Grüße
    Stefan

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