Pegasus Bridge – 6. Juni 1944 / Teil 1

Einführung

Die Pegasus-Brücke und die Horsa-Brücke wurden am D-Day, dem 06. Juni 1944 im Verlauf der Operation Deadstick (Teil der Operation Tonga) von einer Luftlandeeinheit (Airborne) der britischen 6. Airborne Division unter dem Befehl von Major John Howard erobert und bis zum Entsatz durch britischen Fallschirmjägern (Paratrooper) des 7th Bataillon, 5. Parachute Brigade unter dem Kommando von Lieutenant-Colonel Jeffery Pine Coffin, sowie der 1st Special Service Brigade unter dem Kommando von Lord Lovat aus dem Landeabschnitt Sword Beach gehalten.

Das Hauptziel der Brückeneroberung war die Sicherung der Ostflanke der Invasionstruppen in der Normandie. Es sollte verhindert werden, dass die Truppen durch einen Gegenangriff seitlich „aufgerollt“ werden würden. Die Ostflanke stellte der Fluss Orne und der Caen-Kanal dar. Die einzigen Übergänge über diese Wasserläufe waren die Pegasusbrücke und die Horsabrücke. Eine Eroberung dieser Brücken würde also die gesamte Flanke sichern. Die Straßen, die paralell zum Kanal liefen waren zudem die schnellste Verbindung nach Caen, dem Hauptziel der Britischen Truppen im Abschnit SWORD.

Der erste Angriff sollte durch 181 Soldaten der ‚D‘ Company, 2nd (Airborne) Battalion, Oxfordshire and Buckinghamshire Light Infantry (Spitzname: Ox and Bucks) unter Führung von Major John Howard ausgeführt werden. Die Männer sollten in 6 Lastensegler, 3 für jeden Landeabschnitt (Landezonen X und Y) der beiden Brücken, ins Zielgebiet gebracht werden.

Brücken und Landschaft

Diese Nachkriegsaufnahme zeigt die Brücke und Umgebung noch ziemlich genau so, wie sich das Gelände am 6. Juni 1944 darstellte. Das Cafe Gondree und das abgerissene Haus dahinter, das kleine Gebäude schräg gegeüber dem Cafe, der Gutshof an der Straße und im Hintergrund die Ortschaft La Port mit seiner Kirche sind nahezu unverändert. Auf der anderen Brückenseite sind deutlich der flache Bunker, das turmartige Gebäude dahinter und im Vordergrund die KwK, sowie die Schützengräben auszumachen.

Die Pegasusbrücke (vor 1944 Bénouville-Brücke) bei Bénouville, ist eine 1935 gebaute Wippbrücke vom Typ Scherzer. Bei diesem speziellen Brückentyp wird die Brücke nicht um einen Drehpunkt hochgeklappt, sondern die ganze Konstruktion auf einem Kreissegment abgerollt und der Drehpunkt wird horizontal verschoben. Die Brücke führt über den Kanal der Orne und hat eine Länge von 58 Metern und eine Fahrbahnbreite von 3,7 Metern. Neben der Brücke befand sich ein kleiner Kontrollturm. Ihr heutiger Name leitet sich aus dem Emblem der britischen 6th Airborne Divison ab, welches unter anderem ein geflügeltes Pferd, dem Pegasus, zeigt. Die Brücke wurde 1994 durch eine etwas größere, schlichte Kopie ersetzt. Die Originalbrücke wird seit dem im 150 Meter entferntem Museum ausgestellt.

Die Original Pegasus Brücke, die heute im Museum, rund 150 Meter enfernt ausgestellt wird. Am großen Gegengewicht sind noch deutlich Kampfspuren, vermutlich einer Granatexplosion zu sehen.

     

Ein Foto ein paar Tage nach Eroberung der Brücke. Im Hintergrund sind die Gleiter zu sehen.
Die neue Brücke über den Kanal. Sie ist größer und auch etwas schilchter als die alte Brücke.

Die Horsa-Brücke war eine stählerne Schwenkbrücke über den Fluss Orne. Konstruiert wurde sich von dem berühmten Ingieneur Ferdinand Eifel. Sie bekam ihren Namen durch den Gleitertyp Horsa, der zur Eroberung der Brücke eingesetzt wurde. Vor 1944 wurde sie schlicht und einfach Orne-Brücke (oder auch Ranville Brücke) genannt. Die Horsa-Brücke lag nur rund 600 Meter von der Pegasus Brücke entfernt. Sie wurde 1971 durch eine neue Konstruktion ersetzt und ist heute leider nur noch in Fragmenten erhalten.

Die neue Horsa Brücke über den Fluss Orne. Die alte Brücke ist nicht mehr erhalten.
Eine alte Aufnahme der Original Horsa Brücke.
Das erste einer Reihe von kleinen Häuser an der Ostseite des Flusse Orne.
Der Fluss Orne von der Brücke aus in Richtung Quistreham gesehen.

Die beiden Brücken liegen ungefähr zehn Kilometer nördlich der Stadt Caen und in acht Kilometer Entfernung südlich der Hafenstadt Quistreham. Die Benouville Brücke überspannt den Orne Kanal, die Ranville Brücke den Fluss Orne. Fluss und Kanal laufen mehr oder weniger parallel von Caen bis zur Mündung bei Quistreham. Der Kanal hatte eine durchschnittliche Breite von 46 Metern und eine Tiefe von 8 Metern. An beiden Ufern des Kanals verlief auf ganzer Länge ein Weg, der mit Tarmac gepflastert war. Außerdem wurden beide Uferseiten von einer Baumreihe gesäumt. Südöstlich der Flussbrücke befindet sich der Ort Ranville. Die Straße, die über die beiden Brücken führt, steigt westlich der Kanalbrücke leicht an und traf nach 300 Metern auf eine T-Kreuzung (heute eine Kreuzung mit Kreisverkehr). Die Straße steigt im Norden weiter an und führt nach ca. 400 Metern zum Dorf La Port. Im Süden trifft die Straße unmittelbar nach der Abzweigung auf den Ort Benouville. Auf der Westseite des Kanals verlief eine einspurige stillgelegte Straßenbahnlinie, die Caen mit Quistreham verbunden hatte. Östlich des Kanals, jeweils rechts und links der Brücke, lag ein kleiner Teich, der von Schilfgras umgeben war. Zudem war die Gegend zwischen Kanal und Fluss über weite Teile recht sumpfig. Die Ranville Brücke über den Fluss Orne hatte eine Länge von 110 Metern und war 6,10 Meter breit. Der Fluss Orne hatte eine Breite zwischen 49 und 73 Metern und eine durchschnittliche Tiefe von 2,7 Metern. Die schlammige Uferböschung war rund 1 Meter hoch. An beiden Ufern verlief ein kleiner Pfad und an der Westseite lagen einige kleine Häuser.

Gebäude

Café Gondree

Das Café Gondree befand sich auf der Westseite der Brücke, unmittelbar südlich der Straße. Damals wurde das Café von Georges und Thérèse Gondree betrieben. Beide waren Mitglieder der Résistance und gaben über Mittelsmänner Informationen über die Verteidigungsanlagen der Brücke an die Briten weiter. Das Cafe diente zeitweise auch als Straßenbahnstation, bis der Verkehr eingestellt wurde. Bei den Kämpfen um die Brücke hielten sich Georges und Thérèse mit ihren Töchtern Georgette, Arlette, und der Neugeborenen Françoise im Cafe auf. Das Café gilt im Rahmen der Normandie Ladung als erstes befreites Haus Frankreichs. Nach der Brückeneroberung diente das Cafe als Sanitätsstelle. Heute wird das nahezu unveränderte Café von der Tochter Arlette betrieben und ist ein Muss jeder Normandie-Tour. Im engen, urgemütlichen Gastraum mit dem alten Tresen, kann man sich mit einen Kaffee und Baguette stärken und die alten Fotos und Erinnerungsstücke bestaunen.

Das berühmte Cafe Gondree unmittelbar neben der Westseite der Brücke.

    

Weitere Gebäude an der Brücke

1. Schräg gegenüber dem Cafe befand sich eine kleines Wohnhaus mit einem Schuppen. Das Haus ist auch noch heute erhalten, der Schuppen fehlt jedoch.

Das Gebäude schräg gegenüber dem Cafe Gondree. Der alte Schuppen neben dem Gebäude ist nicht mehr erhalten.

2. Hinter dem Cafe Gondree stand eine Gebäuderuine. Die deutschen hatten das Gebäude bis auf die Grundmauern einreißen lassen, um dass Schussfeld um die Brücke zu verbessern.

3. Folgt man der Straße von der Brücke zur T-Kreuzung findet man auf der rechten Seite einen großen Hof mit Haupthaus und meheren Nebengebäuden. Alle Gebäude sind noch erhalten.

Der alte Gutshof rechts an der Straße in Richtung T- Kreuzung.

 

4. Unmittelbar an der T-Kreuzung, an der Ecke in Richtung La Port befand sich eine kleine Villa.

5. Auf der Ostseite der Kanalbrücke hatte man einige Häuser eingerissen. Hinter dem MG Bunker stand jedoch ein kleiner Turm und dahinter ein größeres Gebäude.

Schloss Benouville

Das Schloss de Bénouville wurde zwischen 1770-80 gebaut. Es befindet sich auf der Westseite des Kanals, am südlichen Rand der Ortschaft Benouville. Während des 2. Weltkrieges wurde das Schloss als Entbindungsklinik genutzt. Die Direktorin der Klinik, Madame Lea Vion, war außerdem die Führerin einer Widerstandsgruppe und die Klinik das Hauptquartier. Hier fanden abgeschossene Piloten Unterschlupf, es wurden Waffen gelagert und es gab eine Reihe von Funkgeräten. Einer der Informanten, die Lea Vion berichteten, war George Gondree, der Besitzer des Cafés an der Kanalbrücke. 1980 wurde es restauriert und sein ursprünglicher Zustand wieder hergestellt.

Während der Kampfhandlungen wird das Schloss durch die Briten beschossen, da man vermutet, dass sich Scharfschützen auf dem Dach aufhalten. Major Howard läßt den Beschuss jedoch stoppen, da er darüber informiert ist, dass es sich um einen Klink handelt. Tatsächlich befanden sich in diesem Augenblick auf dem Dach des Schlosses der Artillerie-Lt. Hans Höller, ein Feldwebel und ein Soldat vom 192. Pz.Rg. der 21. Pz.Div. um die Kanalbrücke zu beobachten. Durch den Beschuss müssen sie den Beobachtungsstand jedoch wieder aufgeben.

Das Schloss Benouville vom östlichen Kanalufer aus gesehen.

Wasserturm

Auf halben Weg zwischen dem Schloss Benouville und der Kanalbrücke befand sich ein Wasserturm. Auch dieser Wasserturm wird beschossen, da man auch hier Scharfschützen vermutet. Da jedoch keine Sprenggranaten zur Hand sind, wird der Turm nur durchlöchert und kaum beschädigt.

Rathaus Benouville

Das markante Rathhaus von Benouville, mit der schönen Uhr im Giebel, steht unmittelbar an der T-Kreuzung, an der Straße die nach Benouville führt. Vor dem Gebäude befand sich ein kleiner Platz mit einem Denkmal. Das Rathhaus ist noch vollständig erhalten, nur das Denkmal wurde während der Kampfhanlungen stark beschädigt. Das Rathaus nimmt für sich in Anspruch, das erste befreite Rathaus in Frankreich zu sein.

Das Rathaus von Benouville mit dem Denkmal davor.

Kirche von La Port / Benauville

In der kleine Ortschaft La Port steht im Zentrum eine kleine Kirche, die von einem Friedhof und hohen Felssteinmauern umgeben ist. Während der Kämpfe wird die Kirche mehrfach von Granaten einer PIAT getroffen und der Turm dabei beschädigt. Der Turm wurde weitgehend unverändert restauriert und die Kirche und der Ort La Port sind auch noch heute in großen Teilen erhalten.

Verteidigungsanlagen

Ein altes Foto kurz nach den Kampfhandlungen. Deutlich sind alle Einzelheiten, wie Gräben, Bunker und die nach getarnte KwK zu erkennen.

 Pegasus Brücke

  • PAK

Auf der Ostseite der Brücke war südlich der Straße eine 50mm KwK 39 L/60 (mit Mündungsbremse) mit Schutzschild und Behelfssockellafette in Ringstellung installiert. Diese KwK (Kampfwagenkanone) war in den Jahren 1941-42 die Hauptwaffe des Panzer III. Da die Waffenstärke gegen die T-34 und KV-1 Panzer der Sowjetunion nicht mehr ausreichend war, wurden im Zeitraum 1942 bis 1944 über 1.800 dieser nicht mehr zeitgemäßen Geschützrohe in den Verteidigungsanlagen des Atlantikwalls verbaut.

Dieses und die nachfolgenden Aufnahmen zeigen die KwK neben der Brücke. Das Geschütz steht heute nicht mehr an seinem ursprünglichem Platz, ist jedoch im Original erhalten.

                                   

  • MG Bunker

Neben der Straße, gegenüber der KwK, im in Kellergeschoss eines eingerissenen Hauses hatten die Deutschen einen flachen, rechteckigen MG Betonbunker gebaut, der nur rund 50 cm über dem Niveau der Straße hinausreichte. Der Eingang des Bunkers befand sich auf der Ostseite in Richtung der Ranville Brücke. Der Bunker hatte vermutlich Scharten in Richtung Osten, Süden und Westen. Nach Eroberung der Brücke richtete Major Howard hier seinen Kommandostand ein.

Auf diesem Foto ist deutlich der flache Bunker zu erkennen. Die Tür ist halb geöffnet und daneben ist eine Schießscharte zu erkennen.
  • Flugabwehrturm

Südlich der KwK und den Unterständen stand ein hölzerner Flugabwehrturm, der mit einem MG ausgestattet war

  • Schützengräben und MG Stellungen

Die KwK war an ein Netz von Schützengräben angeschlossen, die auch zu 3 betonierten Unterständen führten, in den einige Betten aufgestellt waren. Hinter dem Bunker befanden sich ebenfalls ein Unterstand und weitere Schützengräben. Hier gab es auch 3 MG Stellungen in Richtung Norden. Auf der Westseite der Brücke befand sich rechts und links neben der Brücke ebenfalls eine Reihe von Schützengräben und insgesamt 5 MG Stellungen. Alle Schützgräben und Stellungen waren mit Sandsäcken verstärkt und die gesamte Verteidigungsanlage war zusätzlich mit Stacheldraht umgeben.

Horsa Brücke

Die Ranville Brücke war nur leicht gesichert. An der Ostseite befand sich ein kleiner MG Bunker und zwei weitere offene MG Stellungen.

Deutsche Verteidiger

Die Brücke wurde von 50 Mann bewacht, die zum deutschen 736. Grenadier Regiment der 716. Infanterie Division gehörten. Die Einheit wurde von Major Hans Schmidt kommandiert, der sein Hauptquartier im 1,9 Kilometer entferntem Ranville hatte. Die 716 ID war eine statische Formation und war bereits seit Juni 1942 in der Normandie stationiert. Die Einheit an der Brücke war schlecht, mit verschiedenen Beutewaffen, ausgerüstet. Die Mannschaftsdienstgrade der Einheit stammten aus Polen, Russland, sowie Frankreich und wurden von deutschen Unteroffizieren und Offizieren befehligt. Die Wachmannschaft unter Major Schmidt sollte die Brücken sichern und Notfalls beide Übergänge sprengen. Die Sprengladungen waren jedoch aus Angst vor Anschlägen der Résistance noch nicht in den Sprengkammern. Sie lagerten in einem nahegelegenen Schuppen.

Ein altes Foto, welches die KwK noch mit Tarnanstrich zeigt.

Auf dieser Seiten sind jede Menge Informationen und weitere alte Fotos zu finden.

http://www.pegasusarchive.org/normandy/frames.htm

https://www.pegasusbridge.fr/

2 Kommentare zu „Pegasus Bridge – 6. Juni 1944 / Teil 1“

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