Napoleonische Kriege in Norddeutschland – Gefecht bei Alt-Rahlstedt und Siek

Nach dem Rückzug der französischen und dänischen Truppen aus Mecklenburg und dem Herzogtum Lauenburg im Herbst 1813 begannen russische Truppen des Korps Woronzow der Alliierten Nordarmee die Stadt und Festung Hamburg in einem weiten Bogen einzukreisen, während das schwedische Korps und das gemischte Korps Wallmoden mit der Verfolgung der Dänen in Holstein beauftragt waren.

Bewegung der Alliierten

Für das Vorrücken nach Holstein und die Verfolgung des dänischen Hilfskorps durch das Korps Wallmoden und das schwedische Korps, war es wichtig sicherzustellen, dass die Franzosen in Hamburg nicht die linke Flanke der Alliierten bedrohten. Zudem wollte man feststellen, ob die kleinen Flüsse und Bäche bereits eine tragfähige Eisschicht besaßen und sich damit die aufwendige Suche nach Übergängen erübrigte. Für die Erkundung wurde ein Trupp von 25 Kosaken und 25 Lützower Reitern des Korps Woronzow abgestellt. Dieser Trupp umrundete Hamburg in einem großen Bogen. Beginnend bei Lauenburg ritten die Kavalleristen über Wangelau, Schwarzenbeck, Kuddewörde und Großensee bis Siek, wo sie am 2. Dezember eintrafen. In Siek wurde ein Posten zurückgelassen und die restlichen Männer führte ihre Erkundung weiter über Woldenhorn und Bergstedt bis sie schließlich Pinneberg ohne den geringsten Feindkontakt erreichten.

Oberstleutnant Baron von Löwenstern

Oberstleutnant Baron von Löwenstern wurde am 4. Dezember mit seinen Kosaken-Regimentern zur Vorhut des russischen Korps Woronzow ernannt. Schon am Abend rückten die Avantgarde über Kuddewörde vor. Die Franzosen hatte alle Brücken über die Bille zerstört, aber trotz starken Schneefalls und eisigem Wetter gelang es mit Hilfe des Holzes eine Scheune, welche die Kosaken zu diesem Zweck abrissen, eine provisorische Brücke über den Fluss zu schlagen. Bei Papendorf wurde eine französische Feldwache von einem Wachmann und 8 reitenden Jägern überrascht und gefangengenommen. In der Nacht nahmen Löwenstern und die Kosaken in Siek Quartier. Am nächsten Morgen, es war der 5. Dezember, wurde Leutnant Klitzing mit 100 Kosaken in Richtung Wandsbeck vorausgeschickt. Zwischen Rahlstedt und Tonndorf traf der Trupp auf gegnerische Reiter und es kam zu einem kleinen Gefecht. Durch das Musketenfeuer wurde Oberstleutnant Löwenstern alarmiert und er ritt mit seinen Kosaken zu Hilfe, wodurch sich die Russen in Tonndorf bis zum Nachmittag behaupten konnten. Am Abend kehrten die Kosaken nach Rahlstedt zurück, wo ein Biwak vor dem Pfarrhaus aufgeschlagen wurde.

Stellung der Franzosen und Dänen

Zu diesem Zeitpunkt hatten noch nicht alle dänischen Einheiten Vorbereitung zum Rückzug nach Kiel und Rendsburg getroffen. Die dänischen leichten Dragoner des Jütland-Regiments unter dem Kommando von Oberst Engelsted verblieben zunächst in der französischen Division von General Vichery. Quasi im Gegenzug begleiteten dafür General Lallemand und die polnischen Ulanen die dänische Avantgarde. Anfang Dezember standen im Nordosten von Hamburg die Vorposten der Franzosen und der erwähnten dänischen Dragoner noch in Wandsbeck und der näheren Umgebung.

Jütländische leichte Dragoner

Vorstoß der Franzosen und Dänen

Am Nikolaustag, also am 6. Dezember um 2 Uhr morgens begann das dänische Hilfs-Korps seinen Marsch von Oldesloe über Segeberg in Richtung Rendsburg und ungefähr zur gleichen Stunde rückte der französische General Vichery mit dem 28. Regiment Reitender Jäger, den jütländischen Dragonern sowie einigen Bataillonen Infanterie über Wandsbeck aus, um gegen die russisches Kavallerietruppen, die zwischen Oldesloe und Hamburg standen und die Vorposten der Kosaken bei Rahlstedt vorzugehen. Mit dieser Aktion gedachte man die Aufmerksamkeit der Russen vom Rückzug des dänischen Korps abzulenken. Bereits eine halbe Meile von Wandsbeck entfernt, bei Tonndorf, wurde die erste Kosakenpatrouille zurückgeworfen.

Überfall auf Alt-Rahlstedt

Am Abend lagen die Außenposten der Kosaken sehr nah an denen der Franzosen. Den Offizieren wurde deshalb befohlen bei ihren Männern zu bleiben und die Mannschaften sollte ihre Pferde nicht verlassen. Auch die Pferde von Löwenstern standen bereit und eines davon befand sich voll gesattelt und gezähmt vor der Tür zum Pfarrhaus. Er selbst und seinen Adjutanten gingen spät und vorsichtshalber vollständig bekleidet in die untere Etage des Pfarrhauses, um ich dort ein wenig auszuruhen. In der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember wurde Löwenstern um 3 Uhr von einem Kosaken geweckt, der ihm mitteilte, dass die Feldwache vom Feind angegriffen worden sei. Obwohl er zunächst überzeugt war, dass es nur eine feindliche Patrouille war, die in der Dunkelheit der Nacht versehentlich auf den Posten gestoßen war, befahl er den Offizieren, sich bei den Pferden bereitzuhalten. Sein Diener brachte ihm eine Pfeife Tabak und gerade, als ihm ein Glas Rum eingeschenkt wurde, kam ein weiterer Kosake, stieß mit seiner Lanze eine Fensterscheibe ein und schrie, dass der Feind in der Stadt sei und dass der Offizier, welcher den Vorposten kommandiert hatte, gefallen war. Ohne sich die Zeit zu nehmen, seinen Säbel umzuschnallen, stürmte er aus dem Haus, aber in dem Moment, als er seinen Fuß in den Steigbügel setzten wollte, kam ein französischer Offizier an der Spitze einiger reitender Jäger herangestürmt. Der Offizier hatte vorgehabt, Löwenstern mit einem gut gezielten Säbelhieb auszuschalten aber eine Ordonnanz, der Kosaken-Unteroffizier Jelantinzoff, stieß seine Lanze unter das Kinn des Franzosen, warf ihn vom Pferd und verpasste ihm zwei oder drei weitere Lanzenstöße, die ihn schließlich töteten.

Oberst Niels Engelsted im Kmapf gegen die Kosaken

Flucht nach Siek

Es gelang zunächst die Franzosen aus Rahlstedt zu vertreiben und so die Zeit zu gewinnen, die benötigt wurde, damit sich alle Kosaken in ihre Sättel schwingen konnten. Kaum waren sie aus dem Ort entkommen, als sie unvermittelt von einer aus nächster Nähe abgefeuerten Salve empfangen wurden. Anhand der Mündungsblitze wurde klar, dass ihnen beträchtliche Kräfte gegenüberstanden und dass die Dänen, die sie an den roten Uniformen erkannten, in der Überzahl waren. Löwenstern gab sofort den Befehl, dass seine Abteilung so schnell wie möglich auf der Landstraße in Richtung Siek zurückkehren sollte, also in die gleiche Richtung, aus der sie am Abend zuvor gekommen waren. Kaum war der Befehl ausgesprochen, griffen die Dänen an und verfolgen die Kosaken in Richtung Siek. Löwenstern erhielt mehrere Säbelhiebe, die ihn glücklicherweise nicht ernsthaft verletzten. Die dänischen Dragoner hatten gute Pferde und ritten wie die Teufel. Die Straße war zudem spiegelglatt und jeder der Kosaken, der stürzte, wurde niedergemetzelt oder gefangen genommen. So verloren die Russen allein bei diesem Rückzug drei Offiziere. Die Jagd schien kein Ende zu nehmen, aber schließlich begegneten die Kosaken eine halbe Meile von Siek entfernt eine Feldwache der Isum-Husaren, von der sie erfuhren, dass General Pahlen mit zwei Kavallerieregimentern bei Siek stand.

Reitergefecht bei Meilsdorf

General Pahlen, der die Pistolenschüsse gehört hatte, ließ sofort das Husarenregiment Isum in Aktion treten. Pahlen selbst hatte kaum Zeit, sich anzuziehen, bestieg in Unterhosen sein Pferd und kam Löwenstein mit dem Regiment Rigaer Dragoner zu Hilfe. Es begann zu dämmern, und als die dänischen Reiter frische Truppen vor sich sahen, machten sie Halt und bereiteten sich auf den Kampf vor. General Pahlen ließ sofort Oberst Graf Timann mit den Isum Husaren angreifen. Er ritt die Dänen frontal an. Bei dem folgenden Kampfgetümmel fiel Oberst Boncke Bönnichsens (Bonniche Bonnichsen), der stellvertretende Kommandeur der Jütland-Dragoner. Dieser konnte wegen seines erschöpften Pferdes am Ende der Schlacht nicht fliehen und lehnte das Angebot eines Trompeters ab, dessen Pferd für die Flucht zu nutzen. Neben Oberst Bönnichsens wurden außerdem die dänischen Leutnants Hobe und Ursin schwer verwundet. Bönnichsens wurde nach dem Gefecht auf dem Friedhof der Sieker Kirche von den Männern des Freikorps Lützow begraben, welches mit einem Infanterie-Bataillon während des Gefechts hinter der Kirche in Reserve gestanden hatten.

Der letzte Kampf des Oberst Bonniche Bonnichsen

Das Ende

Nun verfolgten die Kosaken im Verbund mit den Isum-Husaren die Dänen über die Landstraße zurück nach Rahlstedt, wobei viele Dänen und Franzosen getötet und gefangen genommen wurden. Auch Oberst Courtier, Kommandeur der französischen 28. Chasseur a Cheval, wurde bei diesem Gefecht verwundet. Am Abend des 6. Dezember war Löwenstern erneut mit seinen Kosaken in Rahlstedt. Woronzow ließ die Kavallerie-Brigade Pahlens mit dem 13. Jägerregiment verstärken und Löwenstern erhielt den Befehl, in Richtung Altona vorzurücken. Morgens um vier Uhr erreichte er Bramfeld, von wo aus er auf Barmbek vorrückte, aber schon bald wieder auf Bramfeld zurückging, wo er einen starken Posten zurückließ. Er selbst nahm Quartier im Schloss Wellingbüttel.

Rote Linie: Angriff der Franzosen und Dänen / Blaue Linie: Fluchtroute der Kosaken / Grüne Linie: Gegenangriff der russischen Linien-Kavallerie

Am Gefecht beteilige Einheiten

Einheiten des russischen Korps Woronow

Brigade Generalmajor Baron Pahlen (862 Mann)

  • Isum Husaren-Regiment (4 Schwadronen / 483 Mann) – Oberst Graf Timann
  • Dragoner-Regiment Riga (4 Schwadronen / 379) – Generalmajor Balk

Kosaken Brigade Oberstleutnant Baron von Löwenstern (668 Mann)

  • Don Kosaken Regiment Popov XIII (389 Mann)
  • Don Kosaken Regiment Pantelev II. (279 Mann)

Einheiten des französischen XIII. Korps

  • 28. Reitendes Jäger Regiment (2 Schwadronen) – Oberst Eleonore-Ambroise Courtier
  • Jütländisches leichtes Dragonern Regiment – Oberst Niels Engelsted

Das jütländische leichte Dragoner Regiment gelang nach den Kampfhandlungen ein Durchbruch nach Holstein und es konnte in die Festung Rendsburg entkommen. Es nahm allerdings nicht an der Schlacht bei Sehestedt teil.

Die Kirche in Siek

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